Häufig werde ich während der Vermittlung der Qigongtechniken und -stile gefragt, was den Unterschied zwischen Qigong und Tai Chi u.ä. energetischen Praktiken ausmacht. Bisher habe ich geantwortet, dass er für mich hauptsächlich in der Herangehensweise, also dem Wie in der Regulation, begründet liegt. Diese Erkenntnis basiert auf den Erfahrungen der eigenen Übepraxis. Für mich heißt Tai Chi eher einer umfangreichen und koordinativ anspruchsvollen Bewegungschoreographie zu folgen. Das kann für motorisch Ungeübte zeitweise sehr anstrengend sein; für Bewegungsliebhaber sehr reizvoll. Durch die Vielzahl der Bewegungen läuft die Regulation von der Peripherie spiralig enger werdend in die Tiefe – hin zu des „Pudels Kern“ sozusagen. Das Tempo des Erlernens dieser genau definierten Bewegungsabfolge kann zunächst sehr zeitintensiv sein.
Also war ich meinem ersten Qigonglehrer sehr dankbar, als er mich fragte: Warum willst du Qigong machen? Soviel wusste ich zu diesem Zeitpunkt: Qigong ist etwas, was mir zeitnah helfen soll und kann. Die Bewegungsabfolgen sind, was die Anzahl der Bewegungen angeht, übersichtlich – Das Spiel der 5 Tiere, Die 6-Laute-Methode, Die 8-Brokat-Übungen, Die 12 Daoistischen Übungen, Die 18 Bewegungen des Chow-Stils usw. Im jeweiligen Qigongstil werden sie mehrfach (z.B. 6x, 9x, 36x) wiederholt. Somit ist es von Beginn der Übepraxis an möglich eine beeindruckende Tiefe der energetischen Regulation zu erzielen.
Beiden Wegen der energetischen „Körperübungen“ ist gemeinsam, dass die Beschäftigung damit alle Bereiche des Seins beeinflusst. Diese Weisheit gebe ich allen, die mit mir arbeiten von Anfang an mit zu Bedenken. Und da sind wir wieder bei den Unterschieden angekommen: ein und dieselbe Technik lässt sich unter einer anderen Zielrichtung einsetzen. Daher sollte ich mir vorher oder spätestens dabei darüber klar werden, warum ich gerade diese Methode anwenden will. Was habe ich im Sinn – was ist der Sinn: Kampfkunst (Tai Chi), Heilkunst (Qigong), Spiritualität (Meditation). Diese gedankliche Klarheit verändert den eigenen Lebensstil und präzisiert die eigene Lebensphilosophie.
Die Frage ist: will ich Qigong ausschließlich einsetzen als weiteres Fitness-Element, zu Wellness-Zwecken, als Entspannungs-Methode, zur Lebenspflege … oder will ich das Gesamtpaket an ganzheitlichen Heilungsmöglichkeiten abrufen?